Der Berliner SPD reicht es wieder, arm an Stimmen zu sein. Die Mitglieder verzichten künftig auf sexy und haben Michael Müller mit 59 Prozent der Stimmen zum Nachfolger von Klaus Wowereit gewählt. Ganz offensichtlich hatten sie Lust auf Vertrautes. Erstaunlich daran ist höchstens, dass die Mehrheit so deutlich ausgefallen ist. Das dürfte dem Fraktionsvorsitzenden Saleh und dem Landesvorsitzenden Stöß viel Stoff zum Nachdenken über ihre eigene Position innerhalb der Partei geben. Und der Berliner SPD eine Antwort auf die Frage, wie weltoffen und risikobereit sie ist.
Müller eilt nicht der Ruf voraus, übermäßig charismatisch zu sein. Als „ernsthaft und bürgernah“ bezeichnet er sich selbst. Leider wird das von den kapriziösen Berlinern bei Wahlen nicht unbedingt honoriert. Sie hätten ihre Stimme wohl am ehesten dem sehr beliebten Finanzsenator Nußbaum gegeben, der mit harter Sparpolitik nachhaltig dafür sorgte, dass sich die Bürger angesichts maroder Schulbauten und löchriger Straßen weiterhin arm fühlen konnten. Nußbaum allerdings hat gestern seine Demission angekündigt, und dabei darauf verwiesen, dass er „noch mehr Falten bekommen habe“ und in dem Amt „auch nicht jünger“ geworden sei. Schluss mit sexy also, auch für ihn.