Fleischlose Tiger

Es gibt Unwahrheiten, deren Wahrheitsgehalt auch dadurch nicht steigt, dass sie ausdauernd wiederholt werden. Eine solche Unwahrheit traf die Grünen und lautete: Die Grünen wollen den Deutschen das Fleischessen verbieten.

Das ist falsch. Die Grünen haben im letzten Bundestagswahlkampf angeregt, dass in öffentlichen (!) Kantinen einen (!) Tag in der Woche nur vegetarisch gekocht werden soll. Dieser Vorschlag entspringt zum einen der Erkenntnis, dass der massenhafte Fleischkonsum auf Dauer ein Problem für die Ernährung der Menschheit wird. Zum anderen kann man rein volkswirtschaftlich argumentieren – die mit hohem Fleischkonsum verbundenen Gesundheits-Mehrkosten treffen uns alle. Zum dritten hätte  jeder notorische Fleischesser die freie Wahl gehabt, an diesem Tag die Kantine zu meiden und sich an der nächsten Currywurst-Bude zu bedienen.

Politik ist nicht nur, einer Kampagne hinterherzulaufen. Politik bedeutet, Ideen zu entwerfen und sie im Zweifelsfall gegen Kritik zu verteidigen. Dass die Grünen auf ihrem Parteitag jetzt den Veggie-Day opfern, nachdem sie sich anderthalb Jahre lang am vegetarischen Nasenring durch die Manege haben ziehen lassen, ist mindestens charakterlos. Die Trägerin des alternativen Nobelpreises, die zum Abschluss des Parteitages sprach, brachte es auf den Punkt: „Nahrung ist nichts Unwichtiges und nichts Selbstverständliches. Nahrung entscheidet über das Überleben des Planeten.“  Laut Süddeutscher Zeitung applaudierten die Delegierten „wie bei einem Popstar.“