Michael Wildenhain wird in diesem Jahr Stadtschreiber in Dresden und hat sich mit der Ernennung gegen 53 Mitbewerber durchgesetzt. Bei Wildenhain handelt es sich um einen bekannten Autor, einen Erzähler, „dessen Gesamtwerk bereits über viele Jahre mit großer erzählerischer Vielfalt überzeugt“. So beschreiben es zumindest die Auslober des Preises, die Stiftung Kunst & Kultur der Ostsächsischen Sparkasse Dresden in Kooperation mit der Landeshauptstadt Dresden.
Wildenhain wird dieses Jahr ab April für sechs Monate in Dresden arbeiten. Es wird erwartet, dass er „die Zeit weitgehend in Dresden verbringt, die literarischen Traditionen der Kulturstadt bereichert und durch eigene Veranstaltungen der Bedeutung von Sprachkultur und Literatur Impulse verleiht.“ Das heißt, er muss – in Absprache – für Lesungen oder Ähnliches zur Verfügung stehen. Dafür bekommt er im Monat 900 Euro. Und da Dresden ein Herz für Dichter hat, muss er nicht auf der Straße schlafen, sondern bekommt eine Wohnung zur Verfügung gestellt.
Man kann Michael Wildenhain nur wünschen, dass seine eigentliche Wohnung billig ist, denn sonst bleiben ihm von den 900 Euro nicht viel zum Leben. Da er sich weitgehend in Dresden aufhalten muss, entfallen auch Lesereisen, die ansonsten vielleicht einen Teil zum Lebensunterhalt beitragen könnten. Man kann also festhalten: Die Stadt Dresden schmückt sich vergleichsweise billig mit einem bekannten Autor, der zu Dumpingpreisen lesen und auftreten soll.
Immer noch besser als das Stipendium in Walldorf, 12 Kilometer südlich von Heidelberg, bei dem der Autor neben freiem Wohnen nur 600 Euro bekommt. Oder die Stadt Mannheim, die die Hälfte des Feuergriffel-Stipendiums erst dann zahlt, wenn das in Mannheim entstandene Buch erscheint. Sollte der arme Autor also keinen Verlag finden, hat Mannheim flugs 3000 Euro gespart. Noch billiger kommt die Auslober nur noch der Preis des Literaturwettbewerbes der Bonner Buchmesse, der da lautet: unbezahlte Lesung. Immerhin muss der Gewinner nicht draufzahlen – die Reisekosten werden großzügig übernommen…
Abbildung: Spitzweg, „Der Arme Poet“ Flickr