Seit ein paar Tagen tobt in Berlin mal wieder die Kopftuch-Debatte. Auslöser ist eine junge Muslima, die sich samt Kopftuch auf eine Stelle als Referendarin im Bezirksamt Neukölln beworben hatte. Das Bezirksamt Neukölln bat sich nach der Vorstellung Bedenkzeit aus, da das Land Berlin dem Neutralitätsgesetz verpflichtet ist. In der sehr strengen Auslegung der Berliner sind neben Lehrern auch z.B. Richterinnen und Polizistinnen verpflichtet, „weltanschauliche Neutralität“ zu wahren. Ausgenommen sind übrigens ausdrücklich Ausbildungssituationen. Die Sache wurde publik, weil die junge Frau bloggt. Kurz darauf entschloss sich das Bezirksamt zuzusagen, da hatte die Juristin aber bereits einen anderen Job zugesagt. Was jetzt als noch empörender empfunden wird.
Das Hin und Her der gegenseitigen Beschuldigungen mal beiseite lassend: Was genau wollen wir eigentlich von unseren jungen muslimischen Frauen?
Sie sollen lernen, eine Ausbildung machen, womöglich studieren, ihr eigenes Geld verdienen und auf eigenen Füßen stehen. Sie sollen Teil der Gesellschaft sein, in die sie zumeist geboren wurden – in der sie aber zumindest aufgewachsen sind. So hätten wir es gerne.
Wollen wir sie dann wirklich von vornherein aus bestimmten Bereichen ausschließen? Sollen sie alle bei Aldi Regal einräumen? Oliven verkaufen? Oder mit 18 heiraten, weil sie ohnehin keine Aussicht auf eine berufliche Karriere haben? Wo bleibt der bürgerliche Emanzipationsgedanke?
Man muss Kopftücher nicht schön finden. Man kann vermuten, dass das Tragen derselben einem antiquierten Frauen- und Gesellschaftsbild entspringt. Man kann sich an sich empören, falls ein junges Mädchen gedrängt wird, Kopftuch zu tragen.
Doch solange eine Richterin mit Kopftuch sich ans Bürgerliche Gesetzbuch hält, solange ein Polizist mit Kippa unsere Rechtsordnung vertritt, solange eine Lehrerin im Habit anderen Anschauungen gegenüber Neutralität und Toleranz walten lässt – wen schert’s? Sie sind alle Teil unserer Gesellschaft, die wir zurecht als offen und pluralistisch empfinden.