Allgemein

Lassen wir die Sau raus!

Es ist schlimm genug, dass Donald Trump zum 45. Präsidenten der Vereinigten Staaten gewählt worden ist. Fast noch schlimmer ist die fast schon masochistisch zu nennende Selbstbezichtigung, die jetzt Liberale und Journalisten – auch in Deutschland –  betreiben.  Man habe nicht zugehört, man habe ganze Bevölkerungsgruppen aus dem Blick verloren mit ihren Ängsten und Wünschen. „Die deutsche Politik wie die Publizistik stehen vor den Scherben ihrer Weltanschauung“, unkte es in der „Welt“. Ist das so?

Tatsächlich spielen soziale Fragen sowohl in der Politik als auch im Journalismus eine außerordentlich große Rolle. Und tatsächlich verfügen beide Berufsgruppen im besten Fall über ein Grundgerüst an Werten, das da lautet: Die Würde des Menschen ist unantastbar.

Daraus ergibt sich im Grunde alles Weitere.

Donald Trump hingegen hat sich im Wahlkampf sexistisch, rassistisch und hasserfüllt geäußert. Er hat es salonfähig gemacht, dass die sogenannte „politische  Korrektheit“ über Bord geworfen wurde. Das wünschen sich auch hier viele – ganz vorne die Anhänger der AfD, aber längst auch Wähler und Publizisten, die sich selbst der bürgerlichen Mitte. zuordnen würden. Offensichtlich gibt es ein große Bedürfnis, endlich wieder jede Gemeinheit gegen Migranten, Frauen, Homosexuelle, Behinderte-  oder wer auch immer individuell als verachtenswert empfunden wird –  von sich zu geben. Das „Man-wird-ja-wohl-noch-sagen-dürfen“ als politisches Programm.

Es ist aber ein zivilisatorischer Prozess,  das nicht zu tun. Es ist eine Errungenschaft. Es ist eine Frage der Höflichkeit und der Form – aber eine, die zum Inhalt wird.

Die Antwort auf Donald Trump, auf LePen und  Höcke – und vor allem auf die, die sie wählen – kann nicht heißen, dass wir uns dieser Art des Diskurses anschließen. Natürlich Zuhören – solange ich nicht angebrüllt oder mit dem Tode bedroht werde. Natürlich Reden –  wenn es nicht um zügelloses Herausschreien von Ressentiments geht. Über jeden Inhalt kann man in den Dialog treten. Aber sicher nicht darüber, ob Menschen weniger wert sind, weil sie zu weiblich, zu schwarz, zu muslimisch oder zu homosexuell sind. Was, ehrlich gesagt, gibt es da zu reden?

Wenn wir  nicht so weitermachen wollen wie bisher, müssen wir uns ändern. Wir sollten radikaler werden.  Lassen wir endlich die Sau raus. Unsere schöne, gut erzogene, politisch korrekte Sau.

Die zweitwichtigsten Fragen

Es ist im Moment sehr interessant zu beobachten, worüber wir uns aufregen. Nehmen wir zum Beispiel das Vollverschleierungs-Verbot, wie es korrekt heißen müsste. Denn in den meisten Fällen geht es nicht um die afghanische Burka sondern um den schwarzen Niqab, den man allerdings in unseren Breiten – von der Münchener Maximilianstraße abgesehen – auch eher selten sieht. So scheußlich man die Stoffzelte finden kann  – sie lohnen die erregte Diskussion nicht. Viel wichtiger ist die Frage, ob und wie in Deutschland das Grundgesetz in Parallellgesellschaften Anwendung findet – etwa in der Frage der Zwangsheiraten und Kinderehen, deren Zahl im vergangenen Jahr extrem in die Höhe geschossen ist und zwar nicht nur in Flüchtlingskreisen. Wie es den Frauen unter dem Schleier oder dem Kopftuch geht, ist die eigentlich wichtige Frage. Wie es mit dem Schutz vor Gewalt in Flüchtlingsheimen aussieht, eine andere. Und wie unser Staat unsere Gesetze durchsetzt, eine dritte. Alle wichtiger als das Burka-Verbot.

Zweites Beispiel: Die Angst vor islamistischem Terror in Deutschland. So grauenhaft die Beispiele aus Frankreich sind und so erschreckend die Taten von Würzburg und Ansbach: Wirklich gefährlich sind in Deutschland die Rechtsextremen. 691 Verletzte wurden im Jahr 2015 in Deutschland gezählt, die Zahl der Gewalttaten aus diesem Spektrum hat sich gegenüber 2014 verdoppelt. In diesem Jahr waren es noch einmal 44 Prozent mehr. Wo ist der Aufschrei der Empörung, wo sind die Expertenrunden auf allen Kanälen? Genauso bedrückend ist die Gewalt von Flüchtlingen gegen Flüchtlinge – ein Thema, das verhältnismäßig unbeachtet bleibt.

Lasst uns über die Burka reden. Über unsere Angst vor Terroristen. Aber lasst uns vor allem darüber reden, wie wir unser Zusammenleben und unsere Werte in jede Richtung verteidigen können. Das ist die wichtigste Frage.

 

 

 

Gauland ausbürgern!

Es gibt Texte, die man nur mit Schaum vor dem Mund schreiben kann und ich bekenne mich ausdrücklich dazu, dies an dieser Stelle zu tun. Grund dafür ist Alexander Gauland, von dem man nach der Nachbarschafts-Boateng-Nummer erfreulich lange nichts mehr gehört hat. Heute schlägt er nun vor, das Asylrecht für Muslime auszusetzen.„Wir können es uns aus Sicherheitsgründen nicht mehr leisten, noch mehr Muslime unkontrolliert nach Deutschland einwandern zu lassen“, erklärte der stellvertretende AfD-Vorsitzende am Mittwoch, so der Tagesspiegel.

Der Grund für diesen bizarren Vorschlag: Die  Anschläge der vergangenen Woche in Würzburg und Ansbach. Man weiß nicht mehr genau, ob Herr Gauland mittlerweile unter altersbedingter Demenz leidet – die Kenntnis der deutschen Verfassung dürfte ihm allerdings noch geläufig sein. Es kann also nichts anderes hinter diesem Vorschlag stecken, als der Vorsatz, unserem Land zu schaden und noch mehr Hass, Wut und Fremdenfeindlichkeit zu säen. Der Logik von Alexander Gauland folgend, müsste man übrigens noch viel mehr Gruppen von Menschen die Einreise verweigern: Zum Beispiel Männern. Oder Menschen mit psychischen Krankheiten. Denn auch diese Eigenschaften einen die Attentäter. Und mindestens eine davon verbindet sie auf jeden Fall mit Herrn Gauland.

 

Türkischer Herbst

Womöglich wird man in vielen Jahren einmal herausfinden, wem der nächtliche Putschversuch in der Türkei – vorläufige Bilanz: knapp 200 Tote, 1200 Verletzte – wirklich zuzuschreiben ist. Wem er nützt, steht schon jetzt fest: Präsident Erdogan. Sein ohnehin aus Verschwörungstheorien gemauertes Regierungsfundament wird noch stabiler werden. Seit langem verfolgt und bestraft Erdogan seine Gegner mit einer Verbissenheit, die ans Pathologische grenzt – jetzt gibt ihm der Putsch die letzte Weihe. Es ist keine Frage, dass der Putsch illegitim war – Erdogan ist demokratisch gewählt worden. Und nichts wäre schlimmer gewesen, als eine Türkei im Bürgerkrieg.

Doch wie demokratisch die nächste Wahl in  der Türkei noch sein wird, ist heute ein großes Rätsel.  Sah er gestern Abend im wackligen Handy-Video auf CNN noch aus wie einer der gestürzten Despoten des Arabischen Frühlings, hatte er schon heute Morgen seine Rhetorik vollständig zurückgewonnen. Nicht nur verortet er die Schaltzentrale des Putschs im Ausland, er sprach auch von einem „blitzsauberen“ Militärapparat, den er nun schaffen werde. Womöglich erlässt er Notstandsgesetze, die die Demokratie in der Türkei weitgehend aushebeln. Es könnte ein türkischer Herbst ausbrechen, der in einen sehr kalten Winter mündet.

Die Stunde der Feiglinge

Man kann Boris Johnson vieles vorwerfen  – aber nicht, dass ihm der Instinkt für effektvolle Auftritte fehlt. 13 Uhr hatte die konservative Partei als Meldefrist für mögliche Kandidaten als Nachfolger David Camerons gesetzt. Johnson meldete sich erst um kurz vor eins zu Wort. Dann ließ er – ganz zum Schluss einer kleinen Rede und mit erkennbarem Genuss –  die Bombe platzen: Er kandidiere nicht für den Posten des Tory-Vorsitzenden. Und damit auch nicht für den des Premierministers.

Englische Zeitungen schreiben, dies sei der Tatsache zuzuschreiben, dass Justizminister Michael Gove heute Vormittag seine Kandidatur bekannt gab – ausdrücklich übrigens, um Johnson zu verhindern. Es spricht allerdings einiges für die Annahme, dass es der innerparteilichen Anything-but-Boris-Koalition gar nicht bedurft hätte. Johnson sah schon Freitag früh so aus, als würde er sich am liebsten aus dem Staub machen. Er wirkte wie einer, der den besten Freund zum Fahren ohne Führerschein überredet hat und es dann nicht gewesen sein will, wenn das Auto am Baum zerschellt.

In seiner kleinen Boxit-Rede äußerte er die Überzeugung dass er nicht die Person sein könne, die das Land nun in die Verhandlungen über den EU-Austritt führt. Diesen Eindruck hatten schon andere vor ihm. Es ist davon auszugehen, dass er auch nie diese Person sein wollte. Johnson hat sich klassisch verzockt. Er wollte wohl nicht den Brexit, sondern den größtmöglichen Kontrast zu David Cameron. Das ist ihm allerdings gründlich misslungen: Beide stehen nicht zu dem, was sie angerichtet haben. Oder, um es mit Ambrose Bierce zu sagen, „Ein Feigling ist ein Mensch, bei dem der Selbsterhaltungstrieb normal funktioniert.“

Foto: Gerhard Altmann, Pixabay

 

Wir Rind, das Volk

Es hat etwas Tragikomisches, wie die Briten sich jetzt mit dem Ergebnis ihrer eigenen Volksbefragung auseinandersetzen. Während die einen verzweifelt versuchen, den Brexit durch die Hintertür zu verhindern, sind andere am Freitagmorgen aufgewacht und haben sich gewundert, dass ihre Stimme etwas bewirkt. Denen möchte man zurufen: Ja, so ist das in einer Demokratie. Darum heißt sie auch Herrschaft des Volkes.

Ein interessanter Nebenaspekt des britischen Referendums: Auch die Politiker sind endlos erstaunt, dass ihre großmäuligen Ankündigungen ernst genommen wurden. Während Nigel Farage schon alles nicht mehr so gemeint haben will, ist Boris Johnson seit Freitag  in der Versenkung verschwunden und schwafelt, wenn er denn mal auftaucht, dass alles so bleiben könnte wie vorher. Nur ohne EU. Der Auslöser des ganzen Elends, David Cameron, sitzt weinend in der Downing Street und verflucht den Tag, an dem er sich hat hinreißen lassen, das Volk zu befragen.

Und damit hat er verdammt Recht. Es gibt Dinge, die so überschaubar sind, dass sie sich jederzeit für eine Volksbefragung eignen. Nehmen wir zum Beispiel den Fahrradverkehr in Berlin. Jeder ist imstande, sich eine Meinung darüber zu bilden, ob er oder sie eine bessere Infrastruktur für Radfahrer möchte. Man muss abwägen, wie viel Geld es der Stadt wert sein sollte,  wie es sich auf den Autoverkehr auswirkt und in welcher Zeit Verbesserungen realistisch sein könnten. Soviel Weitsicht ist den meisten Bürgern zuzutrauen.

Der Ausstieg aus der EU ist allerdings nicht direkt mit dem Fahrradverkehr in Berlin vergleichbar. Ganz offenbar hat die Komplexität des Vorgangs das Volk völlig überrascht. Hinterher. Zumindest gaben am Sonntag bereits sieben Prozent der „Brexit“-Befürworter an, ihre Entscheidung zu bedauern. Und aus dem Unterhaus kommen bereits erste Stimmen, die das Ergebnis der Befragung für nicht bindend halten.

Und so hält das britische Referendum einige Lektionen für jeden Politiker bereit, der demnächst in Versuchung sein sollte, sein Volk zu befragen:

  1. Denke nie, Du kriegst die Antwort, die Du gerne hättest.
  2. Verlass Dich nicht darauf, dass Argumente über Emotionen siegen.
  3. Daher: Mach Deinen Job, und triff die Entscheidungen selbst.
  4. Lebe mit den Folgen.
  5. Sei unbeliebt.
  6. Lass Dich, wenn es hart auf hart kommt, abwählen.

So geht Demokratie.

 

 

 

 

I had a dream

Mit zwölf war ich das erste Mal im Ausland. Ich fuhr mit meinen Eltern auf eine riesige Fähre und wurde in einem Land ausgespuckt, in dem man – aus meiner Sicht – falsch herum fuhr. In jedem Laden wurde ich „my  love“ genannt und in Morcambe bekamen wir Zuckerstangen geschenkt, die so lang wie unsere Unterarme waren. Für einen Tag durfte ich eine englische Schule besuchen und lernte Ann kennen, mit der ich mir hinterher Briefe schrieb. Ich schloss England in mein Herz und wurde größer.

Mit knapp 16 fuhr ich das erste Mal mit einer Handvoll Freundinnen in den Urlaub fuhr. Neben der innerdeutschen mussten wir zwei weitere Grenzkontrollen passieren, bevor wir endlich in Italien waren und dort exakt all jene Dinge tun konnten, die unsere Eltern uns strengstens verboten hatten. Geld holten wir mit Reiseschecks, was ein ziemlich mühsames Unterfangen war, weil die Öffnungszeiten der italienischen Banken etwa so unübersichtlich waren wie die Abfahrtzeiten der italienischen Züge. Dafür bekamen wir dicke Bündel einer inflationär wirkenden Währung namens Lire in der Hand. Nach sechs wundervollen Wochen kam ich nach Hause, sprach einige Brocken Italienisch und hatte neue Freunde, die alle eines gemeinsam hatten: Sie kamen aus Europa. Das erste Mal in meinem Leben fühlte ich mich als Europäerin. Meine Welt war innerhalb von ein paar Wochen größer geworden.

Mit Anfang 20 ging ich nach Paris, um Französisch zu lernen, und kam als halbe Französin zurück – zumindest in der Selbstwahrnehmung. Europa hatte jetzt schon mehrere Heimaten für mich und bald wurde alles noch einfacher. Die Grenzkontrollen fielen weg. Irgendwann hatten wir sogar eine gemeinsame Währung. Das eigentlich Großartige aber war: Wir lebten friedlich zusammen. In diesem Kontinent, der jahrhundertelang von Kriegen und Grenzstreitigkeiten geprägt war, herrschte Frieden.

In den letzten Monaten begreife ich, wie dieses freie, gemeinsame Europa mich geprägt hat. Es ist vielleicht etwas naiv: Aber ich bin glücklich darüber. Und dankbar dafür.  Ich kann mir gar nicht vorstellen, dass jemand freiwillig in Frage stellt, was so mühsam errungen wurde. Und ich fände es entsetzlich traurig, wenn Großbritannien aus der EU austritt.

Dr. SPD und Mr. Sozialdemokrat

Die Berliner SPD steht im Moment mal wieder vor einem fürchterlichen Dilemma, das sich so zusammenfassen lässt: Man ist seit 26 Jahren in der Regierungsverantwortung, möchte aber mit dem Ergebnis dieser Tatsache nur sehr ungern assoziiert werden. Sind natürlich auch ein paar unschöne Themen, von denen BER und Staatsoper nur die sichtbarsten sind. Es wird spannend zu erleben, wie sich das in den kommenden Monaten gestaltet, aber eins steht fest: Alles werden sie nicht auf die CDU schieben können, auch wenn es noch so schön wäre. Das hat zwar beim Lageso ganz gut geklappt (Mario Czaja!) und auch der Versuch, sich aus jeder Verantwortung für die Peinlichkeiten bei der Wahlvorbereitung (Frank Henkel!) zu ziehen, hatte einen gewissen hilflosen Charme. Insgesamt war die Sache aber dann doch zu durchschaubar, um glaubhaft zu sein. Denn – Überraschung!  – die SPD stellt in Berlin seit 15  Jahren den Chef. Besonders interessant ist die Idee, den Dr. Jekyll und Mr.Hyde  zu geben: Sich als wahlkämpfender Dr. SPD für die Sanierung von Schulen einzusetzen, die der regierende Mr. Sozialdemokrat kontinuierlich hat verkommen lassen. Denn auch wenn sie jetzt tausendmal mit dem Finger auf die Bezirke zeigen, die übrigens durch das Wirken eines drakonischen SPD-Finanzsenators nicht mehr handlungsfähig sind: Den Schulsenator stellt die SPD. Seit 26 Jahren. Insofern ist es der Partei fast zu wünschen, dass es mit den Wahlen im September nichts wird. Das gibt ihnen noch mehr Zeit, Schuldige zu finden, die nichts mit ihnen zu tun haben.

Blut und Bullshit

Bundeskanzleramt, 23 Uhr. Angela Merkel bearbeitet Akten und seufzt. Hin und wieder greift sie nach einem stillen Wasser. Da klingelt das Telefon. Sie schaut aufs Display und lässt den Kopf sinken. Dann nimmt sie ab.

Merkel,verzagt: Ja?

Erdogan, laut: Angela!

Merkel: Ja, Tayyip…

Erdogan, sehr laut: Dein Regierungssprecher hat sich mir gegenüber kritisch geäußert.

Merkel, verwirrt: Wie? Das … nein, ganz sicher nicht, lieber Tayyip. Da musst Du etwas missverstanden haben.

Erdogan: Zweifelst Du an meinem Verstand Angela? Denkst Du ich kann nicht zuhören? Hältst Du mich für einen minderen Menschen? Ich weiß, wann meine Ehre beschmutzt wird! (Es folgen laute Flüche, die der Dolmetscher nicht aus dem Türkischen übersetzt)

Merkel, unsicher: Aber Tayyip… ich hatte ihn ganz sicher… er wird doch nicht … was hat er denn gesagt?

Erdogan, schreit  : Er hat es als nicht nachvollziehbar bezeichnet, dass ich einen Bluttest für Eure türkischstämmigen Abgeordneten gefordert habe.

Merkel, erleichtert: Ach so, das. Das war doch gar nichts. Irgendwas mussten wir doch sagen. Der Vorsitzende der türkischen Gemeinde hatte es immerhin als abscheulich bezeichnet! Ich meine die Sache mit den Handlangern von Terroristen war ja auch wirklich… naja… und mit dem Blut, das ist so eine Sache in Deutschland. Wir haben da komische Empfindlichkeiten.

Erdogan, eiskalt: Ich werde Euren Botschafter einbestellen, warten lassen und ausweisen. Ich werde ein paar Demonstrationen vor Eurer Botschaft organisieren. Und dann setze ich noch ein Dutzend Journalisten fest. Wo kommen wir denn hin, wenn jeder die Vertreter eines souveränen Staates beleidigen darf?

Merkel, bittend: Ja, sicher, Tayyip, mach das. Aber dann bist Du mir wieder gut, oder?

Erdogan, drohend: Sicher, Angela, sicher. Ihr solltet es nur nicht überziehen.

Merkel lässt den Hörer sinken. Dann legt sie den Kopf auf die Arme und beginnt lautlos zu weinen.

 

 

 

 

 

 

 

 

Nackte Tatsachen

 

Es gibt ein Verhalten, das geeignet ist, jederzeit Ressentiments gegen Fremde zu erzeugen: Es besteht darin, die eigenen Sitten und Gebräuche zu negieren und sich Moralvorstellungen und kulturellen Gepflogenheiten zu unterwerfen, die nicht die eigenen sind.

Ein wunderbares Beispiel dafür liefert jetzt (scheinbar) der Berliner Bezirk Köpenick. Er entfernte Bilder aus einer Fotoausstellung, die in der Galerie-Etage des Rathauses Köpenick ausgestellt sind und auf der nackte Frauen zu sehen sind. Nun darf der künstlerische Gehalt dieser schwülstigen Fotos mit Fug und Recht bezweifelt werden, die Begründung lag aber nicht in der mangelnden Qualität der Fotos, sondern darin, dass in das Rathaus „viele Menschen mit Migrationshintergrund kommen, deren religiöse Gefühle durch Aktfotos nicht verletzt werden sollen.“ So schrieb es jedenfalls die Kulturamtsleiterin Annette Indetzki. Das legt die Annahme nahe, dieser Schritt resultiere aus zahlreichen Beschwerden von Migrantenseite. Dem ist allerdings nicht so: Es gab keine einzige.

Bevor also die Verschwörungstheoretiker hier ein Einknicken gegenüber den Fremden vermuten: Alles falsch. Es gibt sehr gute Gründe, keine Fotos von blutjungen nackten Frauen in öffentlichen Gebäuden auszustellen, egal ob sie von Hobbyfotografen stammen oder nicht. Dies dann allerdings auf Migranten zu schieben ist mindestens unredlich. Und schürt genau die Ängste, die wir nicht brauchen.